FDP Antrag - Haben Tinyhäuser in Hemer eine Zukunft?!
- Die Verwaltung wird beauftragt, mögliche nutzbare Flächen zu identifizieren, auf denen eine Mustersiedlung für Tinyhäuser mit z.B. 10 bis 40 Einheiten errichtet werden kann.
- Zusätzlich möge die Verwaltung prüfen, inwieweit Tinyhäuser eine Möglichkeit für die Hinterlandbebauung in Hemer sein können und wo und unter welchen Bedingungen solitäre Tinyhäuser möglich sind.
Zur Begründung führt die FDP-Fraktion aus:
Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland zu wenig Wohnraum; oft ist der Wohnraum auch in Dimensionierung sowie vom Zuschnitt, Erreichbarkeit und Barrierefreiheit her den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen nicht mehr angemessen. Diese Entwicklungen, die u. a. mit demographischen Entwicklungen, dem starken Zuzug oder den steigenden Immobilienpreisen zu tun haben, sind auch in Hemer zu spüren. So gerät der Wohnungsmarkt u. a. durch (eine länger als gewünschte) Nutzung großer Wohnflächen, durch die ältere Generation unter Druck. Nicht selten werden pro Kopf Wohnflächen bis zu 120 qm und darüber hinaus genutzt, weil keine Alternativen für ein selbstbestimmtes barrierefreies Leben für diese Zielgruppe mit einem angemessenen Flächenbedarf zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird damit der Wohnraum für junge Familien mit Kindern zunehmend knapp.
Neue klassische Baugebiete können aufgrund der über den Bedarf hinaus geplanten Flächen, deren Umsetzung allerdings oft nicht einfach möglich ist, nicht mehr ausgewiesen werden. Oft können sich Menschen durch die stark gestiegenen Kosten und Zinsen den Erwerb von klassischem Wohneigentum auch einfach nicht mehr leisten. Ein Baustein, der zur Lösung oder Abmilderung des Problems beitragen kann, sind Tinyhäuser (Modulhäuser/Minihäuser). Tinyhäuser werden definiert als Häuser mit einem umbauten Wohnraum von bis zu 110 m³, was eine Nutzfläche zwischen 15 und 40 m² bedeutet. Es gibt aber auch größere Varianten, die eine Wohnfläche bis 65 m² aufweisen. Zur Ausstattung gehören eine Küchenzeile, ein Bad- und ein Schlafbereich; sie erfordern einen Anschluss an die öffentliche Ver- und Entsorgung mit Strom, Wasser und Abwasser. Das Design von Tinyhäusern ist oft funktional und einfach gehalten, wobei der Fokus auf platzsparenden Lösungen liegt, um das Beste aus der begrenzten Fläche herauszuholen. Bisweilen sind diese Wohnlösungen auch mobil, so dass eine Verbringung an einen anderen Ort kein Problem darstellt. Eine solche kompakte barrierefreie Wohnfläche auf einer Ebene ist eine innovative Wohnform für Ein- bis Zweipersonenhaushalte. Auf Grund der kleinen Fläche sind die Bau- oder Mietkosten erheblich geringer. Auch die Energiekosten und der häusliche Arbeitsaufwand liegen weit unter denen in „normalen“ Wohnungen oder Häusern. Es kann so also mit geringem Aufwand bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Genauso ist es möglich, Tinyhäuser zur Nachverdichtung zu nutzen, dass also in bereits erschlossenen Wohngebieten freie Flächen (z. B. im Garten der Eltern) für Wohnen aktiviert werden.
Primäre Zielgruppen sind Singles (besonders junge), junge Paare oder ältere Menschen, die lebenssituationsbedingt weniger Raum für sich haben möchten. Gerade bei letzterer Zielgruppe entsteht ein besonders positiver Effekt für den Wohnungsmarkt: Im Gegenzug werden dann Bestandsobjekte frei, den junge Familien nutzen können. Dass es hier einen wachsenden Bedarf gibt, dokumentiert das in der Vergangenheit mit Erfolg aufgelegte Förderprogramm ‚Jung kauft Alt‘. Darüber hinaus stehen in vielfältigen Förderprogrammen für die energetische Sanierung Mittel zur Verfügung, die dann eine Komplettsanierung der (oft nicht auf dem neuesten Stand befindenden Bestandsgebäude) erlauben. Aufgrund der erforderlichen Eigenkapitalanteile für Investitionen und einem damit verbundenen erwarteten Nutzungszeitraum und einhergehender Rentabilitätsbetrachtung ist das für die ursprünglichen Eigentümer nämlich häufig finanziell nicht mehr leistbar und/oder wenig sinnvoll. Besonders attraktiv ist das Konzept, wenn mehrere dieser Häuser als eine „Siedlung“ konzipiert werden. So entsteht ein überschaubarer Sozialraum, der ein Gemeinschaftsgefühl befördert und weitere Synergien schafft. Car Sharing, gemeinsame Energieversorgung und andere gemeinsam genutzte Services bieten sich an und könnten etabliert werden und so zu einem Baustein des derzeit erarbeiteten Mobilitätskonzeptes 2040 der Stadt Hemer werden. Zusätzlich wird für eine Tinyhaus-Siedlung wesentlich weniger versiegelte Fläche benötigt als bei normalen Baugebietsentwicklungen. Vor dem Hintergrund des akuten Wohnbedarfs, der Energiekrise und mit Blick auf die älter werdende Gesellschaft sind neue Wege zu beschreiten, um flexible, gesellschaftlich gewünschte und ökonomisch wie ökologisch ausgewogene Konzepte auch in Hemer zu ermöglichen.
Darum beantragt die FDP-Fraktion, die Verwaltung soll mögliche nutzbare Flächen für Tinyhäuser identifizieren, sowohl für eine Siedlung (für eine derartige Siedlung könnte sich die FDP-Fraktion z. B. die alte Knaup-Fläche vorstellen), als Solitär oder für Hinterlandbebauung. Diese Ergebnisse sollen dann, zusammen mit Ausführungen zu den baurechtlichen Bedingungen, dem zuständigen Ausschuss präsentiert werden, damit dort eine faktenbasierte Grundsatzdiskussion stattfinden kann, ob und wie die Stadt Hemer Tinyhäuser ermöglicht.
Den gesamten Antrag finden Sie hier.